Zentauren-Sternfahrt nach Alessandria (I) 05.07.07 – 08.07.07

 


 

Detaillierte Fassung:

  • 6 Töff, 10 Teilnehmer
  • 4 Töff, 5 Teilnehmer in Alessandria angeschlossen
  • Glück mit dem Wetter
  • Gute, einfache Unterlagen (Kartenmaterial, Geschichte der Zentrauren, Beschreibung es Ausflugs in Alessandria)

 

Donnerstag:

Treffpunkt ist 08.00 Uhr im Clublokal Brauerei bei Kaffee und Gipfeli.
Der Start verzögert sich wegen dem regnerischen Wetter und der Diskussion über eine Planänderung.

Um ca. 09.00 Uhr starteten wir im Regenkombi Richtung Tessin. Dem Regen konnten wir glücklicherweise entkommen. Denn im Rheinwald ist es zwar noch Wolkenbehangen, doch die Strasse ist bereits trocken zu befahren.

Dies gibt den Anlass nicht das San. Bernardino Tunnel zu durchfahren, sondern die Passstrasse zu erklimmen.

Bei der Tankstelle in San Bernardino warten wir kurz auf Thomas und Isabel, die noch eine Kurve nach Hause unternahmen und ebenfalls den Regenschutz montierten. Hier entledigen sich alle wieder vom Regen-Überzug.

In zügiger Fahrt geht es weiter nach Locarno.
Kurz danach gibt es an der Sonne eine Kaffeepause. Die nun schmale Strasse führt uns weiter durchs kurvenreiche Centovalli nach Domodossola und hinauf auf den Simplonpass. Die Fahrt hier ist derart von starken, unangenehmen Windböen geprägt, dass Jürg vor dem Gipfel einen Stopp einleitet, um eine Lagebeurteilung vorzunehmen. Ausserdem zeigt der Blick höher hinauf, dass die Berggipfel mit bedrohlichen schwarzen Wolken behangen sind. Das kurzfristige Ziel heisst nun, die wenigen Kilometer bis zur Passhöhe wagen, etwas kleines Essen, die Lage laufend beobachten und weiter beraten.

Aufgrund der Aussagen von Ausflüglern aus dem Wallis, dass das Wetter dort nicht mehr so übel aussieht, wagen wir die Weiterfahrt. Die Alternative wäre zurück nach Italien ins schöne Wetter gewesen, wobei wir auf den grossen uns kleinen St. Bernard verzichten müssten. Wir haben Glück, der Mut hat sich gelohnt. Die Wolken öffnen sich zusehends bis zu einem ausgeglichenen Verhältnis mit dem blauen Himmel.

Tankstop in Brig, wir besetzten mit unseren Töff’s die ganze Tankstelle für unsere Bedürfnisse, Alois und Fredi besetzen zusätzlich die Pumpstation. Dann, Richtung Martini wird das Wetter sogar immer heisser. Wir verlassen die Autobahn und zweigen ab Richtung grosser St. Bernard. Plötzlich, Jürg führt aus zügiger Fahrt, unvermittelt eine abrupte, rechtwinklige Abbiegung rechts und ein Stopp aus. Wieso? Hier werden wir mit frischen, schmackhaften Walliser Aprikosen verwöhnt (wenn wir schon mal hier sind). Alois und Thomas erwischen den Bogen aus voller Fahrt hinaus nicht so direkt und kehren etwas weiter oben.

Nach dem Schmaus geht es rassig weiter. Anhand den Gesten zu beurteilen, findet die Polizei auf der anderen Strassenseite ebenfalls unsere Fahrt zu rasant. Also, wir drosselten das Tempo für eine kurze Zeit etwas. In den letzten Kurven vor dem Pass wird die Strasse wieder nass, etwas restlichen Schnee links und rechts am Rand ist auszumachen. Wir machen einen Halt mit Kaffeepause - aber die Besichtigung der Bernhardinerhunde-Zucht liegt nicht drin -. Es ist Kalt, windig und neblig (unangenehm, die Frauen freieren). Ausserdem ist es spät genug, wir wollen noch das Aostatal erreichen und eine Bleibe suchen (der kleine St. Bernardino liegt heute wahrscheinlich nicht mehr drin).

Also langsam die nasse Strasse hinunter, dann immer schneller weil es wieder trockener wird. In Aosta nehmen wir die Autobahn bis Morgex, Pré St. Didier. Wir fahren ein schmales, schönes Tal entlang. Vor uns erblicken wir oft den (wie soll es anders sein) weissen, schneebedeckten Mont Blanc. Nach der Autobahn finden wir nach 2-3 zaghaften Versuchen ein gutes und sogar günstiges Hotel, das Edelweiss. Die vielen älteren Wellness-Gäste störten uns nicht, und wir sie? Die Motorräder dürfen wir auf der Sonnenterrasse, immer im Blickfeld, halb unter Dach parkieren. Nach dem Erfrischen in der „Sitzdusche“ treffen wir uns beim Essen. Die Wahl ist schwierig und die Bestellungen nicht immer klar. Doch alle essen hier sehr ausgiebig und gut. Besonders in Erinnerung bleiben die übergossen Portionen der Salate und Beilagen! Aber auch die hübsche, nette Serviertochter, die nie lächelt.

Freitag:

Nach dem Morgenessen laden alle das Gepäck wieder sicher und fest auf die Motorräder. Bei den Tourenmaschinen ist dies einfacher, sofern die Koffer wieder in die Halterung passen würde. Wo nicht, wird nach dem BMW-Bordwerkzeug geforscht und damit die Metallteile am Koffer wieder passend gebracht. Ein Sportmaschinenlenker (Knitti) mit einem gelben Hartschalenrucksack ist ebenfalls schnell bereit, ein anderer (ich) muss seine Taschen kunstvoll in die Höhe und fest auf die Rückbank binden. Los geht es den kleinen St. Bernardo hinauf. Zwischendurch muss ein Pilot (ich) sein Gebinde nachbessern, bevor sich ein Bändel in der Kette verfängt. Kurz nach der Passhöhe eröffnet sich eine wunderbare Aussicht hinunter in ein schönes Tal, das nach Albertwille führt. Wir erkennen die Ortschaft Cormfet de Roseland. Unten am Pass angekommen fahren wir jedoch in die andere Richtung, nach Val d’Isère. Entlang dem Lac du Chevril. Übrigens, unter diesem Stausee liegen drei Dörfer versunken. Es herrscht viel Verkehr, wir können viel überholen; jedoch ein Audi müssen wir zeihen lassen, dieser ist uns auf der holperigen Strasse wirklich zu schnell. Wir durchqueren Val d’Isère und steigen den Col de l’Iseran hinauf. Dies ist eines der höchsten Passübergänge mit 2770 müM.

Das Wetter wird hier wieder immer kühler und windiger, die Wahl der Sommerhandschuhe war also falsch. Trotzdem hält dies auch ein Duzend Velofahrer nicht davon ab hier empor zu keuchen. Wahrscheinlich haben diese durch die Anstrengung etwas wärmer? Oben angekommen, die Strasse ist nass und starke, neblig-feuchte Windböen pfeifen uns um die Ohren. Wir verankern unsere Gefährte gut und gehen im kleinen Restaurant ein Kaffee trinken. Einige fremde Töfffahrer stecken im Regenkombi, sollen wir uns auch nachrüsten, … nein, machen wir nicht, es ist zu kalt und umständlich. Vor der Weiterfahrt möchten die Frauen noch ein WC aufsuchen, aber wo? – Es gibt keines! Etwas enttäuscht verschwinden sie hinaus in den erfrischenden Wind, hinter die Hügel … und kommen nach diesem Erlebnis erleichtert und halb erfroren wieder zurück.

Nun geht es weiter, die kurvenreiche Strasse hinunter. Glücklicherweise wird das Wetter und die Umgebung auch immer wieder trockener und wärmer. Knitti, dem Fahrer mit dem Postgelben Motorrad geht langsam der Treibstoff aus. Er fährt immer langsamer und ökonomischer und trifft mit einem grossen Rückstand ebenfalls in Lanslebourg bei einer Tankstelle ein. Die einzige Tankstelle ist es jedoch nicht so einfach zum Benzin zu kommen. Andere wartende Autos, Kreditkarten ja oder nein, andere Karten Barzahlungen am Automat oder - die Kasse ist bedienet -. Schlussendlich erhalten alle den Tank voll, auch Knitti tankte im 18 l -Fass ganze 17.5 Liter. Mittagessen im nahe gelegenen Restaurant ist angesagt. Niemand versteht genau was es zu essen gibt, alle lassen sich überraschen und sind danach doch ganz zufrieden.

Eine Programmänderung wird beschlossen. Die Pässe Col du Télégraphe, Col du Galibier und Col du Lauteret liegen zeitlich nicht mehr drin. Wir möchten heute schliesslich noch in Alessandria ankommen. Wir erobern daher sehr zügig den Col du Mont Cenis, kurzer Halt am See, um den Blick über die schöne Landschaft schweifen lassen zu können und weiter nach Susa. – Trotzallem, ein Pass muss es trotzdem noch sein -, Jürg findet den Einstieg zum Col de Finestre durch den städtischen Verkehr ausgezeichnet. Ein recht schmales, gut asphaltiertes Strässchen windet sich steil mit Haarnadelkurven empor. Trotz den ungelenkigeren Sport- und Tourenmaschinen überholen wir eine fremde Enduro - wenn der Fahrer bei den engen Verhältnissen auch mal Platz gemacht hat -. Nach unzähligen Kehren wird der Wald offener und die Strasse wandelt zum Naturpfad. Wir müssen unser Tempo etwas drosseln. Nach der Alphütte ist eine Slalomfahrt auf dem kiesigen Untergrund zwischen den gemütlichen Kühen angebracht, die die komischen Touristen neugierig beobachten. Fredi und Clergia erhalten sogar eine spezielle Begrüssung, an ihrem Motorrad wird gleich die Frontscheibe von den Mückenleichen abgeleckt und gereinigt. Nun ein Blick hinauf auf das Bergenpanorama und den Pass, wo sich die Kollegen bereits befinden.

Viele einzelne Staubwolken bewegen sich das steile Weidegelände hoch hinauf. Oben angekommen, erfahren wir, dass Knitti in der zweitletzten Kurve mit seiner Maschine leicht ausrutschte und diese sanft von der Horizontalen in die Vertikale ablegen musste. Thomas kommt ihm schnell zu Hilfe. Passiert ist nichts, keinen Kratzer, Glück gehabt. Die Aussicht oben ist überwältigend schön. Die Strapazen haben sich gelohnt. Wir kommen schnell ins Gespräch mit den anderen Extremfahrern, die sich bereits oben befinden, auch mit dem Enduro-Rowdy. Auf jeden Fall hat er mit dem Enduro die richtige Wahl getroffen.

Die Bahn hinunter ist asphaltiert und gut zu befahren bis nach Fenestrelle. Hier, in der drückenden Hitze (vor wenigen Stunden, auf dem Col de L’Iseran, herrschte noch klirrende Kälte), gibt es für alle eine Glace in einem Gartenrestaurant. Nun weiter durch das Valle del Chisone nach Pinerolo und hier auf die Autobahn Richtung Torino, Asti, nach Alessandria. Doch kurz nach der Mautstelle stockt der Verkehr. Wir lassen die Kupplung schleifen bis auf eine Kuppe und erhalten den totalen Überblick. Eine dreispurige, zum teil stehende Kolonne so weit das Auge reicht … Wir schlängeln uns zwischen den schleichenden Autos durch, solange, bis die Tourenmaschinen mit der Breite mehr Mühe bekundeten als die schmalen Sportmaschinen. Die Schlange löst sich auf in ein Gewirr. Jeder sucht sich selbst zwischen der stechenden Sonne und den Autokolonnen einen Weg. Sogar der Pannenstreifen wird zwischendurch vorsichtig zum vorwärts kommen genutzt.

Beim Spurwechsel ist für jeden MCC’ler grösste Vorsicht geboten, dass er nicht den „Vortritt“ eines Kollegen missachtet. Ein Zustand, bei dem sich Schweizer Polizisten nur die Haare raufen und jedem das Billett aberkennen würden. Polizisten habe wir glücklicherweise keine ausgemacht und die Autofahrer waren soweit tolerant, dass wir alle nach mindestens einer halben Stunde an einer Mautstelle ankommen und aufeinander in der Mitte der Strasse warten um diese ab hier geordnet gemeinsam zu passieren. Unter der Hitze hat Knitti am meisten zu Leiden, wir erkennen einen knallroten Kopf (wie ein reifer Apfel) unter seinem Helm, wahrscheinlich wäre er bald vom Bock gefallen. Zum Glück folgt eine zügige Weiterfahrt mit angenehmerem Fahrtwind. Jedoch nicht all zu lange, vor Asti wieder Stau. Dies stört uns nicht sonderlich, wir habe schliesslich Erfahrung, wie man damit umgeht. Der Grund des Staus diesmal ein schrecklicher Unfall, wahrscheinlich mit einen Lastwagen (viel Schrott, grosse Räder und eine Führerkabine liegt verstreut über der ehemaligen Mittelleitplanke). Ab hier geht es glücklicherweise verzögerungsfrei nach Alessandria. Jürg findet den Einstig in die Stadt zum Platz bei der Via della Repubblica bravoureus.

Hier treffen wir sofort auch, wie vereinbart die anderen Churer Kollegen. Es ist ca. 19.00 Uhr, alle sind ziemlich müde und verschwitzt und freuen uns darauf den Töff beim Hotel zu parken und auf eine kühle Dusche. Doch es kommt anders. Zuerst wird gegessen! Jürg und Alois habe vor dem geschlossenen Büro für die „inscrition“ einen Leiter des „MCI“ getroffen und vereinbart, dass wir auf Kosten des MCI kostenlos ein Nachtessen erhalten. Zwei Leute werden uns dorthin begleiten. Ist das ein Hinterhalt oder was? Auf jeden Fall folgen wir alle dem Range-Rover und dem Motorrad mehr oder weniger begeistert an den Rand der Stadt. Das Ziel ist kein Hinterhalt, es ist das Clubhaus der MCI. Erleichterung stellt sich ein. Wir werden höflich empfangen, das Hotel wird freundlicherweise über die Verspätung informiert und wir werden an die Tische geführt. Auf jeden Tisch wird sofort mindestens eine Flasche Wein gestellt (zum Glück auch Mineralwasser). Sofort folgt die Antipasti, (der Wein ist wirklich gut, aber wir müssen uns zurückhalten) die primo piatti, die secondi piatti und ein dolce. Alles schmeckt sehr lecker - wir sind begeistert wie wir in Alessandria empfangen werden -. Und dies wirklich gratis! Centaurer, die am Radunno teilnehmen und mehr als 200 Km Anfahrt hinter sich haben, erhalten anscheinend ein Nachtessen, toll! Wir, mit der Schlaufe via Frankreich haben dies vollumfänglich erfüllt. Als wir dies wirklich realisieren sind wir wieder auf dem Weg zum Hotel; wir haben den Gastgebern leider kein Trinkgeld hinterlassen, peinlich.

Im Hotel Lux an der Via Piacenza angekommen, werden wir auch hier freundlich empfangen. Ich bin erleichtert, die Reservation hat geklappt. An der Reception erhalten wir eine Informationsbroschüre und ein gelbes T-Shirt mit der Aufschrift „Hotel Lux, Moto Raduno 2007“. Nach dem kurzen Einräumen des Zimmers treffen sich die Piloten nochmals beim Motorrad. Wir möchten unseren „Hobel“ noch von den schmutzigen Ablagerungen der letzten Tage reinigen (der Finestre machte es wirklich nötig). Ausser Reto, er war schliesslich nicht auf dem Col de Finestre, er und Irma waren mit seinen drei Kollegen in den Ferien in Oberitalien. Er fährt mit Jürg nochmals zum MCI-Clublokal zurück, sein vermisstes Portemonnaie suchen. Wir, auch nach einer Stadtrundfahrt im engeren Umkreis haben noch keine geeignete Waschanlage gefunden.

Unterdessen ist es ziemlich dunkel geworden, ich will die Suche aufgeben und morgen einen neuen Anlauf nehmen. Fredi führt uns jedoch mutig noch etwas weiter hinaus in nördlicher Richtung, gen Autobahn. … Und siehe da, mehrere Tankstellen und endlich eine funktionierende Waschanlage werden entdeckt. Nach dieser letzten Aktion des Tages stellen wir die „sauberen“ Fahrzeuge beim Hotel durch den Innenhof und die steile Einfahrt hinunter (im ersten Augenblick erfordert es etwas Mut) in die geräumige Tiefgarage. Die Tourenmaschine von Alois ist bereits hier, wieso? Er wollte eigentlich ebenfalls mitkommen, jedoch als er auf die Strasse trat waren wir bereits weg. Kurz darauf treffen wir uns, natürlich erst nach der ersehnten, erfrischenden Dusche, umgezogen, alle zusammen im Foyer wieder. Es geht noch auswärts, in den lebendigen und lauten Gassen eine Glace geniessen. Ca. um Mitternacht sinken wir müde auf die Pritsche, ein ereignisreicher Tag endet zufrieden.

Aber nicht für alle, Knitti erlebt wegen seiner Funktion als pflichtbewusster MCC-Sekretär noch einige Schreckminuten. Um den Tourenbogen korrekt auszufüllen, begibt er sich nochmals zu seinem Töff, den genauen Km-Stand abzulesen. Vom Resultat beinahe geblendet möchte er sich mit glänzenden Augen wieder nach üben begeben. - Möchte … die Türen sind jedoch von Garageninnern nicht mehr zu öffnen. Auch heftiges Winken vor der Kamera, um Aufmerksamkeit an der Reception zu bewirken führen nicht zum erhofften Erfolg. Nach ca. 20 Min. schlägt er sich mit dem Gedanken herum in der Garage zu übernachten und die Töffs zu bewachen. Durch Zufall findet er nun durch eine halbfertige Baustelle einen Schlupf in den Innenhof und von dort in die leere Reception. Er ist gerettet. Fünf Minuten später donnern laute italienische Motorräder durch die Stille heran und in die Garage. Auch dies wäre eine Möglichkeit gewesen aus der Gefangenschaft zu entkommen.

Samstag

Nach dem Morgenessen treffen sich alle gemeinsam auf dem Platz der Via della Repubblica, früh genug zum Einschreiben. Leider haben wir uns, 10 Töff’s und 15 Teilnehmer auf das italienische Formular eingetragen. Nach kurzen Disskussionen mit der „Beamtin“ des Einschreibebüros soll dies für uns trotzdem Gültigkeit erhalten. Wir erhalten ein Armband als Quittung für die Tagestour mit Mittagessen, zudem ein Pämbel, eine Plakette, ein Werkzeugset und verschiedene Fressalien. Wenn wir so herumschauen haben sich nicht so viele für die Tour nach „Tortonese“ angemeldet. Vom Lautsprecher ertönt „noch fünf Minuten bis zum Start“. Alle sitzen schnell auf das Motorrad und reihen sich in die Kolonne ein. Nach zehn Minuten tönt aus dem Lautsprecher dieselbe sympatisch energische Stimme „noch fünf Minuten bis zum Start“. Dies wiederholt sich einige Male, bis sich eine beträchtliche Anzahl Tour-Teilnehmer versammelt haben. Plötzlich geht es los, die Barriere vorne wird geöffnet, einige Polizeitöffs fahren voraus und halten die Strasse frei. Das heisst alle Querstrassen werden sofort gesperrt, so dass wir im Konvoi freie Fahrt geniessen können, dies über Kreuzungen, trotz Rot-Signalisation. Viele Helfer in gelber MCI-Weste helfen der Polizei und mahnen die Autofahrer auf der Gegenspur zum anhalten oder langsam weiterfahren. Es ist ein besonderes Erlebnis und ein wirklich gutes Gefühl, inmitten von ca. 300 gleichgesinnten Töfffahrer, aber auch behandelt wie ein VIP, durch die Stadt und über Land zu fahren. Für alle Töfffahrer, die noch nie dabei waren, man muss dies mal erleben!

Ein erster Halt wird in Tortona angeordnet mit Möglichkeit für einen Besuch eines Traktorenmuseums „Orsi“. Im Innern ist es angenehm kühl, draussen bereits drückend warm. Diejenigen, die das MCC T-Shirt tragen werden oft von verschiedenen Leuten angesprochen. Unter anderem von Vizepräsidenten des MCI Schweiz in Fribourg. Das Gespräch wickelt sich natürlich über deren Mitgliedschaft. Weiter geht es in gewohntem Stil mit Freifahrt bis wir pünktlich um 12.00 Uhr auf einem Hügel bei einem grossen Bauernhof mit Hühnern und Schweinen, zum Mittagessen eintreffen (wahrscheinlich in Momperone oder ist es Ossona?). Als erstes wird im Restaurant jedenfalls eine Flasche Wein serviert (auch die Polizei greift zu…). Dann folgt Antipasta, dann noch mal Antipasta, dann primo, … usw. Also, wir sind ständig beim Essen und Weintrinken bis zum wohltuenden kühlenden Fruchtsalat. Erstaunlich was die Centaurer alles verputzen mögen.

Besammlung draussen unter der drückenden Sonne zum Schlussfoto, dann schwingen wir uns faul und mit dickem Bauch nur mit Mühe wieder auf unsere Maschinen. Die lockere Fahrt führt durch eine interessante hügelige Landschaft auf und ab, durch kleine Ortschaften. In einem Dorf trennten wir mit Hupkonzert eine Hochzeitsgesellschaft. Die Braut stand noch links, der Bräutigam bereits rechts von der Strasse. Alle freuten sich. Wir halten in Caldirola beim Landwirtschaftsbetrieb „Raffo“ und degustieren mancherlei Käsesorten und weiteres. Das Familien-seitenwagen-Gespann mit Vater, Mutter und zwei Kindern verlassen uns frühzeitig. Er fährt langsamer durch die schmalen Strassen, wir werden ihn später wieder einholen. Der nächste Halt ist das Dorf Garbagna, für die meisten jedenfalls. Fredi (heute ohne Clergia) fahren mit einer Gruppe am Dorf vorbei. Die MCI-Guides merken dies glücklicherweise und zwei davon verfolgen die Gruppe sofort und führen sie zehn Minuten später wieder zurück zum Parkplatz. Wir laufen gemeinsam ins Ortsinnere. Auf dem Dorfplatz, im Schatten unter 3-4 grossen Bäumen, werden wir bereits erwartet. Grosszügig werden im Grappa eingelegte Kirschen (eine Spezialität) ausgegeben. Glücklicherweise gibt es auch noch kleine Häppchen zu essen und alkoholfreies zu Trinken (gegessen wir jedenfalls nicht mehr so viel).

Eine Hintergrundbeschreibung über die Ortschaften und deren Geschichte kann hier nach gelesen werden.

Während der Rückfahrt merkt man einigen an, dass sie zu viel Grappa erwischt haben müssen. Sie werden immer ungeduldiger mit dem Gasgriff, je mehr wir uns wieder Alessandria nähern. Aufgepasst auf den jungen Italiener, Giovanni, aus Pfäffikon SZ, mit der roten Monster und dem flach abgefahrenen Hinterreifen. Er versucht ständig im Konvoi zu überholen um weiter nach vorne zu gelangen. Knitti freut sich bereits zuvorderst im Konvoi mit fahren zu können, direkt hinter der Polizeigruppe. Er bekundet jedoch Mühe seine Position zu halten aber verteidigt sie erfolgreich.

Angekommen am Ziel, auf dem Platz der Via della Repubblic, machen wir uns gleich weiter zum Hotel. Fredi hat es jedoch etwas zu eilig, er fährt dummerweise seinen Rückspiegel am Motorrad von Alois ab. Trotzdem, am Abend gibt es ein fröhliches Essen (schon wieder) im Zelt bei den „Alpini“. Deren Organisation mit den Coupons A, P, S, D funktioniert für uns nicht nachvollziehbar aber reibungslos. Das Besteck wird in einem Papiersack abgegeben, der aufgeblasen wunderbar knallt, nicht unbedingt zur Freude der anderen. Nach dem Essen gibt es für einige noch einen doppelten Grappa für nur 1 €, danach geht es weiter in die Stadt, in die lebendigen Strassen, wo Schweizer und Deutsche „geduldet“ sind (Tedesco benvenuto), zu einem grossen und feinen Glace als Abschluss.

Sonntag:

Der Grund unserer Reise nach Alessandria ist doch die Biker-Messe in der Wallfahrtskirche von Castellazzo Bormida, bei der heiligen Jungfrau „Della Creta“, die Schutzpatronin der Motorradfahrer, mit Segen für alle Teilnehmer durch den Bischof von Alessandria.

Hintergrundinformationen sind hier nachzulesen.

Gruppen von jeweils ca. 100 Töffs werden rund um die Piazza Garibaldi in Position gebracht. Nach langem warten fahren wir schliesslich im Konvoi die ca. 5 km in die nächste Ortschaft.

Überall wo klatschende Zuschauer die Strasse säumen gibt es zusätzlich ein Hupkonzert. Es ist noch Eindrucksvoller als gestern, einfach grossartig.
Die Parkplätze rund um die Kirche sind knapp, trotzdem findet jeder noch ein Plätzchen für sein Gefährt. Die Kirche ist bereits zum bersten voll, gleichzeitig fahren die Delegierten der verschiedenen Nationen mit ihren glänzenden Motorrädern behutsam in die Kirche vor den Altar. Deren Motorräder werden stellvertretend für alle anderen gesegnet.

Wir entdecken eindruckvolles in einem vorderen Teil, hinter dem Altar. Viele Bilder und Zeichnungen mit Unfällen von Pferde-Fuhrwerke, Autos und Motorräder sind zu bestaunen. In rechten Teil der Kirche sind sogar Überbleibsel von Motorrad-Unfälle ausgestellt, defekte Helme und andere Reliquien. Uns stockt der Atem. Auch während der Messe treffen draussen immer noch reihenweise Motorradfahrer ein. Einige mit ihren lauten Knattermaschinen denken nur an ihr feeling und nicht an die Zeremonie im Innern.

Trotzdem, im Allgemeinen ist es ein friedliches, andächtiges Volk. Nach dem Segen heisst es für alle durch das Gewühl von Maschinen und Menschen das eigene Motorrad suchen und aufsitzen.
Wir verabschieden uns noch von der Gruppe mit Reto, sie fahren nach Alessandria zurück und bleiben noch eine Nacht. Wir möchten anschliessend die Rückfahrt nach Hause antreten.

Nach langer Wartezeit geht es endlich weiter. Der Konvoi benötigt nun beide Spuren, also die ganze Strasse. Wiederum, eine Menge Leute links und rechts und wir mittendrin. Wir MCC-ler lassen einander nicht aus den Augen, fahren bei einer Autobahneinfahrt etwas hinaus, stellen das Gefährt, wo es gerade geht, ab und werden selber zu Zuschauern. Die Schlange, deren Länge so weit das Auge reicht, bewegt sich im Schritttempo an uns vorbei und dies so weit das Auge reicht. Wir sind fasziniert wie viel Töff (ca. 3000) sich hier versammelt haben und was für welche zu sehen sind; normale, kleine, abgeänderte, also fast alles. Nach ca. einer halben Stunde, es ist noch kein Ende in Sicht, beschliessen wir, uns auf den Heimweg zu begeben. Wir fahren die Rampe zur Autobahn hinauf weiter und zischen von dannen.

Bei einer kleinen Autobahnraststätte gibt es unterschiedliche Flüssigkeiten für uns und den Motorrad-Tank, und Diskussionen über den bereits eingeschlagenen Weg. Doch die Route Casale Monferrato, Vercelli, Borgo Ticino, Gravellona erweist sich als richtig. Die Strecke ist wenig befahren und wir kommen zügig voran. Hier endet die Autobahn, es folgt eine kurzweilige, schöne Strecke dem See entlang nach Verbania und Canobio. Endlich einen Halt in einem Restaurant mit Ventilator und integrierter Befeuchtung wegen der Hitze. Nach interessantem Essen (alles in Portionen, Öl und Essig, Salz, Reibkäse usw.) geht auch die Rechnung (nach dreimaligem Zusammenzählen in Deutsch und Italienisch: Mineral offen oder in der Flasche? es fehlt noch 2.35 €? Wer hatte …? usw.) für den Kellner auf und wir bekamen erstaunlicherweise auch unser Wechselgeld richtig zurück. Es ist ca. 16.00 Uhr, wir fahren weiter, die Strecke ist verkehrsreich doch in schöner Umgebung. Wir erreichen Locarno, Bellinzona und den San Bernardino. Alois und Silvia geben mir einen Wink, die Befestigung meines Gepäcks zu kontrollieren. Nach kurzem Halt versuche ich die Gruppe wieder einzuholen, über den Pass nach Splügen. Dort haben sich Fredi und Clergia mit Thomas und Isabel bereits verabschiedet, sie bevorzugten den Tunnel. Wir genehmigen uns dort noch ein Getränk, tanken dann sicherheitshalber noch in Thusis und kommen müde und zufrieden, vor den ersten Regentropfen zuhause an.

Eine anspruchsvolle, Ereignis- und Erinnerungsreiche, interessante Tour, wie man sie nur mit dem Töff erlaben kann, findet nach ca. 1’300 km sein Ende. Und das Wichtigste, kein Unfall, alle sind gesund und zufrieden!

Die Fotos sind von verschiedenen Teilnehmern geschossen worden und hier nicht zugeordnet. Diese sind separat unter der Rubrik Galerie zu begutachten.

Marcel